Mein dritter Tag unterwegs und ich hatte eine angenehme Nacht und bin gut ausgerastet. Frühstück gabs im Zimmer. Kurz nach 8 war ich bereit zum Aufbruch.

Also dieses Hotel, in dem ich übernachtete, war in einem Shopping Center. Und dieses hatte heute geschlossen. Und das Hotel war auch irgendwie komisch, denn es gab keine Rezeption. Egal, ich machte mich in meiner Motorradmontour und mit ca. 25kg Gepäck über die Schultern auf den Weg zur Parkgarage. Aber es war alles geschlossen. Der Aufzug funktionierte nicht. Ich musste alle Stockwerke zu Fuß nach Unten. Ich konnte auch nicht quer durch das Shopping Center, denn es war alles geschlossen. Aber ich fand auch keinen Weg nach draussen, denn die Türen waren versperrt. Schließlich fand ich einen Weg durch den Keller, aber kam von dort nicht in die Garage. Ich war verzweifelt, verschwitzt und mit den Nerven am Ende (und piseln musste ich auch). Endlich fand ich einen Weg zu meinem Motorrad. YESSS! Aber: Der Schranken nach draussen war zu und ich kam nicht vorbei. Und Ticket gab es keines. Ich legte also mein Motorrad seitlich auf den Boden. Schob, zog und zerrte das 200kg schwere Motorrad bergauf unter dem Schranken durch. ich war erledigt aber frei 🙂 Was für ein Start in den Tag.

Wie schon gestern geschrieben war mein Plan Moskau so schnell wie möglich hinter mir zu lassen. Aber es gab ein Problem: Alle sagten mir! „Fahr ja nicht in die Stadt mit dem Motorrad – es ist zu gefährlich!“ Also fuhr ich in die Stadt.

Die Straßen waren fast leer an diesem Sonntag Morgen also machte ich eine kurze Sightseeing Tour mit meinem Bike und hab mir all die Berühmten Sehenswürdigkeiten angesehen. Es war wirklich eine gute Entscheidung das zu tun. Ich war wirklich beeindruckt.

Aus der Stadt zu kommen war dann schon ein wenig aufregender. Die Hauptverbindungen aus der Stadt waren stark befahren und die Russen fahren – naja wie die Russen halt. Ihr kennt ja sicher diese russischen „dashcam“ Videos. ja genau – so ist das. Vor mir hier zum Beispiel ein Bus, der eigentlich gerade aus fährt, aber die Achse so verzogen ist, dass er doch irgendwie seitlich unterwegs ist.

Kurzer Ausflug in die russische Straßenverkehrsordnung – Fußgängerübergänge

Also auf innerorts darf man in Russland 50 fahren. Es fahren aber fast alle zwischen 80 und 100. Auf der Autobahn darf man zwischen 90 und 110km/h fahren. Selbst auf 3-spurigen Autobahnen kann auf einmal ein Zebrastreifen die Straße queren. Du fährst also mit über 100 km/h auf der Autobahn und du siehst jemand am Zebrastreifen. Die ganze Kolonne fährt die selbe Geschwindigkeit. Niemand schert sich um den Fußgänger am Straßenrand. Laut Gesetz musst du aber die Fußgänger – wie bei uns – über die Straße lassen. Und irgendeiner aus der Kolonne macht das dann auch und legt bei 100km/h eine Vollbremsung hin. Dann haut es dir die Augen vor Schreck ans Visier des Motorradhelmes. Du bremst in Panik, du merkst das geht sich nie im Leben aus. Autos links und rechts verreissen das Steuer und versuchen irgendwie an dem Chaos vorbei zu kommen. Du zielst irgendwo in eine Lücke und hoffst, dass sie frei bleibt. Du siehst den großen, rostigen Bus seitwärts hinter dir heranschlingern und um ein Schamhaar reisst es ihn noch mit 50 km/h überschuss an dir vorbei. Wenn ich rauchen würde, hätt ich eine geraucht.

Solche Szenen widerholen sich ca. 5x am Tag und du kriegst die Panik vor jedem Zebrastreifen.

 Mein heutiges Tagesziel war das ca. 1000km entfernte Kazaan. Es war ein heißer Tag. Russland erlebte gerade eine Hitzewelle und die Temparaturen stiegen auf drückende 35 Grad. Durch die hitze und die Luftfeuchtigkeit bildeten sich immer wieder Gewitterwolken und von Zeit zu Zeit erwischte mich ein Regenguss. Die Straßen wechselten zwischen Highways und Landstraßen. Die Landschaft war meist flach und langweilig. Nur wenige Hügel und ab und zu ein paar Siedlungen boten etwas abwechslung.

Was mir aber auffiel waren unzählige Händler entlang der Hauptstraßen, die alle möglichen Waren anboten. Man konnte fast alles am Straßenrand kaufen: Kaffee, Tee, frisches Obst, Pilze aber auch Stofftiere, Luftmatratzen, Swimmingpools, Angelausrüstung, Gummistiefel. Über hunderte Kilometer habe ich aber nie jemanden gesehen, der tatsächlich etwas gekauft hätte.

 Auch sehr auffällig war, dass alles sehr sauber und gut gepflegt wirkte. Auch wenn man durch offensichtlich arme Ortschaften fuhr, wo es nicht einmal asphaltierte Straßen gab war lag nirgends Müll herum. Die Gärten rund um die einfachen Holzhäuser waren gepflegt und die Fassaden reichlich verziehrt.

Was Russen offensichtlich auch sehr gerne mögen ist Kriegsgerät zur Schau zu stellen. Überall sieht man irgendwelche Kampfjets, Panzer und anderes Gerät. Das hier mochte ich besonders. Zuerst fährst du normal durch die Landschaft, dann brauchst du halt 3 Leute die das Ding auf den Kopf stellen und schon gehts im Wasser weiter.

Sich zu Verpflegen war nicht immer einfach. Ich habe zwar russisch für die Reise gelernt, aber halt nur um mich irgendwie zu verständigen. Um die Speisekarte zu lesen war es zu wenig. Darum habe ich meistens auf die Teller anderer Gäste gedeutet und das gleiche bestellt. Man kann natürlich auch immer Shaslik bestellen. Aber irgendwann willst du ja auch mal was anderes. Also habe ich es einmal mit Lachs versucht. Die Kellnerinn wollte aber noch etwas anderes wissen. Ich aber verstand sie nicht. 2 Gäste, der Koch und die Kellnerinn versuchten mir mit Händen und Füßen zu erklären was sie denn meinten. Ich war schon fast am weinen, weil ich ja nur den Lachs haben wollte. Schlußendlich fanden wir nach ca. 10 Minuten Wortgefecht heraus dass sie eigentlich nur wissen wollte, ob ich Brot dazu haben möchte.

Lachs vorher
Lachs nachher

Am Nachmittag begann es wieder zu regnen. Nein, es war kein Regen. Es hat geschüttet! Nach Stunden im Regen erreichte ich schließlich Kazaan. Es klarte auf und ich sah noch den Sonnenuntergang bevor ich es mir in einem kleinen Hotel gemütlich machte.

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