Um 5 Uhr Früh bin ich bereits munter. Der Morgen dämmert. Ich habe wieder einen langen Tag vor mir und hoffe es ans Ende der BAM Road nach Tynda zu schaffen.

Hmm. Es ist erst 5 Uhr morgens. Ich dreh mich nochmal um und schnarch noch eine Runde.

Das nächste Mal als in munter wurde war um 10:00 Uhr. F*CK! Um diese Zeit wollte ich schon ich Chani auf ein Frühstück gehen. Naja, was solls ich mach mir keinen Stress. Aber die Moskitos sind lästig heute.

Leider gab meine Kamera nach diesem Bild den Geist auf. Deshalb gibts ab jetzt bis Tynda nur Bilder aus meiner Gopro Kamera. In Tynda habe ich mir dann wieder eine kleine Kamera gekauft.

Es waren ja nur ca- 20 Kilometer bis Chani und ich dachte, das pack ich in einer halben Stunde. Aber bereits nach 5 km wurde es sehr tricky..

Krawuzikapuz. Das war bisher die schwierigste Wasserquerung. Wie sollte ich das nur schaffen? Die Strömung war einfach zu stark, die Steine im Fluss groß und glitschig. Und die rettende Eisenbahnbrücke war nicht zu erreichen. Soll das jetzt das Ende sein? Ich suchte den Flusslauf nach geeigneteren Stellen ab, begann mühsam Steine aus dem Weg zu räumen um mir eine Bahn zu machen, musste den Plan verwerfen und an einer neuen Stelle probieren. Vielleicht nicht quer zum Fluss sondern schräg Flussabwärts? Es brauchte einige Versuche und über 2 Stunden bis ich das Motorrad auf der anderen Flussseite hatte. Ich war komplett durchnässt.

30 Minteun später war ich in Chani, hab mir mal eine Wurst und ein Stück Käse im Supermarkt gekauft und nach Sprit gefragt. „Ask the Kamaz driver“ war die Antwort. Ich ging zu seiner Hütte und wartete eine knappe Stunde während ich an meiner soeben erworbenen Wurst herumkaute. Aber er kam nicht.

Ein junger Bursch kam vorbei und schlug vor dass wir bei der örtlichen Feuerwehr fragen. Leider gabs dort auch nichts aber ich plauderte eine Weile mit dem Chef und ein paar Leute aus der Ortschaft kamen vorbei. In Olyokma sollte es Sprit geben, meinten sie. Das ist so 200 km entfernt. Das ist jetzt der Vorteil von einem großen Benzintank. Du hast immer noch ein paar reserven und schaffst es noch in die nächste Ortschaft. Sonst hätte ich vieleicht hier 1-2 Tage warten müssen bis der Kamaz driver von der Jagd zurück kam.

Aber ich muss aufpassen – das sind alles Banditen dort in Olyokma, wurde ich gewarnt. Als ich in Olyokma eintraf fand ich sofort einen Schuppen mit einem Lastwagen davor. Ich klopfte an und fragte nach Sprit. Der Mann war freundlich und verkaufte mir 2 Kanister Sprit. Er fragte woher ich kam und ich antwortete „Chani“. „Oh“ meinte er „da hast du Glück gehabt dass du noch lebst. Das sind alles Banditen dort!“ Ich glaube die mögen sich nicht sehr.

Es kamen 3 oder 4 Flüsse die nur über die Eisenbahnbrücke zu überwinden waren. 2 davon waren von Brückenwärtern bewacht. Der Brückenwärter war gerade dabei die Schienen auf der Brücke von Steinen zu säubern. Also ich ihm zurief ob ich queren konnte, schallte ein scharfes, unfreundliches „Njet“ zurück.Ich war durchaus überrascht wie unfreundlich er war. Aber ich setzte mich auf einen großen Stein und packte eine Tafel Schokolade aus. Der Brückenwärter arbeitete in meine Richtung. Als es nach einer halben Stunde auf meiner Höhe war, bat ich ihm eine Rippe Schokolade an und er nahm dankend an. Wir unterhielten uns ein wenig. Was er so macht, wie das Leben hier draussen so ist, wie lang er den Job schon macht etc. Auf einmal sagte er zu mir, dass ich jetzt die Brücke queren darf, ohne dass ich nochmal danach gefragt hatte. Er half mir das Motorrad auf den Bahndamm zu schieben und ich fuhr los.

Die Strecke wurde wieder ein bisschen einfacher, aber es war immer noch volle Konzentration gefordert. Und bis nach Tynda waren es immer noch 300 Kilometer. Die Brücken wurden auch nicht unbedingt besser.

Nach mir haben auch zwei schwedische Abenteurer die BAM Road in Angriff genommen. Steffan, einer der Beiden, schickte mir monate später dieses Foto. So schnell kanns gehen, wenn man kurz unaufmerksam ist. Alleine wäre es schwer gewesen das Motorrad zu befreien.

Nach diesen anstrengenden Tagen spürte ich  wie meine Energie und meine Konzentration nachließ. Es waren immer noch 150km bis Tynda aber ich beschloss den Tag zu beenden und in einer alten Eisenbahnhütte auf der anderen Seite der Eisenbahntrasse zu übernachten.

Ich dachte, ich sollte auch das Motorrad auf die andere Seite bringen um es nicht auf dem Weg stehen zu lassen. (Warum auch immer).

Auf jeden Fall wollte ich die Schienen queren, aber der Ständer verhakte sich und ich viel mitsamt dem Bike um. Mitten auf der Eisenbahnschiene. Zuerst ärgerte ich mich nur. Aber dann bekam ich Panik. Was wenn ein Zug kommt? Ich versuchte das Motorrad aufzuheben, aber die Fußraste und der Seitenständer haben sich so blöd unter der Schiene verhakt, dass ich das Motorrad nicht bewegen konnte. Noch mehr Panik – und Adrenalin. Wie ein Indianer legte ich mein Ohr an die Eisenbahnschiene um zu hören ob denn ein Zug kommt. Ein paar hundert Meter entfernt war ein Signalmast. Das Signal war Grün. „Scheisse, ist Grün gut oder schlecht für mich“ schoß es mir durch den Kopf. Ich zog, zerrte, riss wild in Panik an dem Motorrad, aber ich schaffte es nicht das Motorrad aufzuheben. Auf einmal ein lautes „Dinggggg“. und das Signal wechselte von Grün auf Rot.

Noch mehr Panik. Irgendwas passiert jetzt gleich. Vor meinem Geistigen Auge sah ich schon den Zug mein Motorrad in tausend Stücke auf die nächsten 2 Kilometer zu verteilen. Ich riss das Gepäck runter ohne Rücksicht auf Verluste und demontierte noch die Spiegel und dann stellte ich mit aller Kraft das ganze Motorrad auf den Kopf und „rollte“ es Kopfüber zur Seite. Ich war komplett erledigt und wenn ich rauchen würde, hätte ich jetzt wohl eine geraucht. Auf jeden Fall habe ich beschlossen, das Motorrad über nacht auf der richtigen Straßenseite zu lassen.

Der nächste Zug kam übrigens ca. 10 Stunden später, um 6 Uhr morgens.

Und noch ein Video zum Tag:

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