Vor ein paar Jahren hab ich mal Chuck Norris gefragt, ob er mal mit mir auf Tour geht. Er meinte: Es tut ihm leid, aber mit mir auf Tour – das wär ihm zu hart. Deshalb bin ich auf meinen Motorrad Abenteuern meistens allein unterwegs.

Spass beiseite. Es ist nicht jedermanns Sache alleine auf große Reise zu gehen. Manche sind einfach nicht gerne alleine, andere wieder fühlen sich nicht wohl bei dem Gedanken ohne eine Begleitung irgendwo in Schwierigkeiten zu geraten. Die wenigsten – so wie ich – lieben es aber Solo Unterwegs zu sein. Einige sind jedoch auch dazu „gezwungen“ weil eben Chuck Norris wieder mal abgesagt hat.

Die größte Angst ist offensichtlich: Liegt man nach einem Sturz schwer verletzt in einer abgelegenen Region ohne Kommunikationsmöglichkeit ohnmächtig im Graben, ist niemand da, der dir zur Hilfe eilt. Wenn du richtig Pech hast, und nicht gleich beim Sturz stirbst, verreckst du im schlimmsten Falle langsam und einsam irgendwo fernab der Zivilisation.  Nicht gerade das, worauf man scharf wäre.

Aber so weit soll es ja schon gar nicht kommen. Wie geht man das also dann an und wie bereite ich mich darauf am Besten vor? Für alle, die nicht viel Lesen wollen in kurzen Worten mein Quick-Check 8 Punkte Plan, ob du für eine Solo- Reise bereit bist.

  1. Kenne dein Motorrad
  2. Lerne einfache Reparaturen und sei kreativ
  3. Eigne dir die wichtigsten fahrtechnischen Fähigkeiten an
  4. Lerne den Motorrad in allen möglichen Situationen aufzuheben
  5. Verwende gute Schutzausrüstung
  6. Bau keinen Scheiss – Vermeide unnötiges Risiko
  7. Lerne Erste-Hilfe an dir selbst
  8. Denke an das „Worst-Case-Szenario

1. Kenne dein Motorrad

Damit meine ich Hauptsächlich, das du weißt, was dein Motorrad kann. Ich grundsätzlich der Meinung, dass fast jeder sich irgendein Motorrad schnappen und damit um die Welt fahren kann. Leute fahren mit allem um die Welt. Fahrräder, Vespas, 1250GS mit 300kg vollbeladen, Royal Enfields mit 20 PS, mit einer alten Ente bis hin zu Expeditionsfahrzeugen. Also am Gerät selbst kanns nicht liegen. Eher daran, dass man nicht weiß, was sein Gerät halt so kann und was man ihm zumuten kann. Einfache Dinge wie: Welches Gelände kann ich damit bewältigen? Wie ist meine Reichweite in schwierigerem Gelände? Welche Geräusche macht mein Motorrad unter allen möglichen Bedingungen – was ist normal und was klingt nach einem Schaden? Welche Schrauben werden gerne locker? Wo sitzt mein Luftfilter und wie tief kann ich durchs Wasser fahren? Welche elektronischen Helfer habe ich und was machen die in den verschiedensten Einstellungen? Welche Flüssigkeiten muss ich regelmäßig kontrollieren?

2. Lerne einfache Reparaturen und sei kreativ

Sagen wir mal, ich hab nur eine Panne. Klar, es ist einfacher eine Panne zu zweit oder zu mehrt zu beheben. Und es ist einfacher Hilfe zu holen, wenn du noch ein anderes funktionierendes Fahrzeug hast. Die Zauberformel heißt hier Vorbereitung und Improvisation. Ich sollte mein Motorrad wie gesagt halbwegs kennen und kleine Reparaturen selbst durchführen können. Oft muss man halt kreativ werden. In den TET Facebook Gruppen lese ich fast täglich Beiträge wie: „Brauche Hilfe, ich kann mein Motorrad nicht aufheben“ oder „Habe Platten, wer kann mir einen neuen Reifen bringen“ Also wenn ich das nicht schaffe, dann ist es tatsächlich nicht die Beste Entscheidung auf einen Solo-Trip zu gehen. Da muss man schon wesentlich härter im nehmen sein und sich selber aus der Scheisse ziehen können. Man kommt recht weit, selbst auf einer blanken Felge kann man mit dem passenden Geschick noch weit fahren, einen gebrochenen Brems oder Schalthebel zu ersetzen geht mit viel Phantasie auch mit einem Ast, einer Kombizange, Panzertape und Kabelbinder. Ein großes Loch im Öldeckel hab ich auch schon mit einer 2 Euro Münze und etwas Kaltmetall geflickt. Und wenns tatsächlich gar nicht mehr geht, kann ich mit genügend Wasser locker 50 km am Tag (oder in der Nacht) gehen und find schon irgendwo Hilfe. Hilfreich ist, wenn man sich merkt, wo das letzte Haus war. Ich als Solo Traveller rechne bei jeder Tour damit, dass ich das mal machen muss und bin sowohl mental als auch körperlich darauf vorbereitet.

Was ich so an Ersatzteilen und Werkzeug mitnehme, gibts dann mal in einem anderen Beitrag.

3. Eigne dir die wichtigsten fahrtechnische Fähigkeiten an

Hier gibt es zwei Varianten: Die Erste Version ist „Learning by doing“ Irgendwann kommst du schon drauf wies geht. Natürlich lernt man nur durch Erfahrung und durch selber fahren. Wenn du dich ohne irgendwelche Vorkenntnisse aufs Motorrad schmeisst und rund um die Welt fährst, dann bin ich ziemlich sicher, dass du am Ende der Reise gut fahren kannst. Du fahrst halt bis Griechenland mal nur auf der Straße, traust dich dann in der Türkei und Georgien auf Schotterstrassen, meisterst dann in den „Stan’s“ wilde Gebirgspässe und in der Mongolei bretterst du auf einmal über Sandpisten, was vor einem Monat noch unvorstellbar gewesen wäre. Grundsätzlich schadet es aber nicht, wenn man sich vorher schon ein paar Fähigkeiten aneignet. Grad für den klassischen „Weekend Warrior“ der einfach mal für ein paar Tage im Jahr coole TET Tracks fahren will, ist das schon sehr zu empfehlen. Basics im stehend fahren, fahren auf Schotter, richtiges Bergauf und Bergabfahren, richtige Körperposition am Motorrad, umdrehen am Hang, umdrehen wenn ein schmaler Weg einmal ins Nichts führt, enge Serpentinen auf Schotter, queren eines Baches, Wasserdurchfahrten, Hindernisse überwinden und natürlich ganz wichtig. Wenn man einmal stürzt – und das wird passieren – kommt Regel Nr. 4

4. Lerne dein Motorrad in allen möglichen Situationen aufzuheben

Jeder muss mal um Hilfe Fragen. Man soll sich auch nicht davor scheuen. Man Hilft ja auch gern gegenseitig. Aber bitte bereitet Euch darauf vor das Motorrad aufheben zu müssen. Und meistens passiert das nicht auf einer schönen flachen Wiese, sondern im Matsch, im Sand, im tiefen Schotter, auf abschüssigen Gelände, bei einer steilen Auf- oder Abfahrt. Und wenn man es nicht schafft, sein Motorrad aufzuheben, dann kauft ein leichteres Motorrad oder bleibt von schwierigem Gelände weg.

Ich persönlich tendiere dazu nach einem Sturz sofort aufzuspringen, das Motorrad schnellstmöglich aufzuheben und mich dann umzuschauen, obs hoffentlich eh niemand gesehen hat. Selbst tief in der Wüste oder in den Wäldern Sibiriens habe ich das so gemacht. 🙂 Ich schäme mich immer noch Wahnsinnig, wenn ich Stürze.

Besser wäre es, sich mal zu beruhigen. Ein paarmal durchschnaufen, Helm runter und Jacke aus. Lage checken, eventuell Gepäck vom Motorrad runter, sichergehen dass ein Gang eingelegt ist und dann je nach Technik aufstellen. Wenns nicht geht, mal rasten. Einen Plan machen. Das Motorrad in eine andere Position drehen oder ziehen. Ja, es wird was zerkratzen oder brechen. Pech! Steine Unterlegen, dicke Äste als Hebel benutzen. Kurz hinsetzen und weinen. Verzweifeln. Durchschnaufen. Neuen Plan machen und nochmal probieren.

5. Verwende gute Schutzausrüstung

Nicht nur bei Solo-Reisen macht eine gute Schutzausrüstung Sinn. Oft werde ich gefragt, was ich von Airbag Westen und Neckbrace halte. Meist von Leuten die beim Motorradfahren nicht einmal Handschuhe oder gute Motorradschuhe tragen. Gute Enduro Stiefel sind für Offroad Reisen ein Muss. Handschuhe und Rückenprotektor ebenso. Über die Ausrüstung selbst kann man ganze Bücher schreiben. Nie war die Vielfalt an Ausrüstung so groß. Spezielle Schutzkleidung, Protektoren, Airbags, Neckbrace und das in allen möglichen Varianten. Die Kunst ist es, eine Mischung aus Bequemlichkeit und Schutz zu finden.

Damit man die Schutzausrüstung so wenig wie möglich strapaziert, gibt es Regel Nr. 6

6. Bau keinen Scheiss – Vermeide unnötiges Risiko

Hier heißt es erstmal Unfallvermeidung. Wenn ich sehe mit welchem Können manche auf Offroadtouren unterwegs sind, wird mir Angst und Bang. Leute überschätzen sich maßlos bzw. sind mit absolut unpassender Ausrüstung unterwegs. Einen guten Motorradfahren macht unter anderem aus dass er sein Können richtig einschätzt, und vor allem seine Grenzen (und die Grenzen des Gefährts) kennt. Das ist dann die hohe Kunst. Wobei das beim Gruppenfahren ja oft noch viel schwerer fällt als beim Solo Reisen – Stichwort Gruppendynamik. Meine Vorsätze beim Solo Reisen abseits der Zivilisation: Keine dummen Manöver, keine Wheelies, keine Slides, keine Sprünge, nicht übertrieben schnell fahren, keine Show für Insta-Likes. Keep it simple. Ride safe. Schwierige oder unübersichtliche Passagen und Flussquerungen vorher zu Fuß abgehen. Evtl. Gepäck vorher zu Fuß über die Passage bringen. Mutig sein, aber nicht dumm und Leichtsinnig. Und man muss auch die Eier haben, mal umzudrehen und zu verzichten. Checke Wetter und örtliche Gegebenheiten.

Solo Reisen bringen dich oft in schwierige Situationen. An manchen Tagen musst du konstant Entscheidungen treffen, die im schlimmsten Fall auch tödlich enden können. Bei meiner Reise durch Russland auf der BAM Road mit unzähligen Flussquerungen und morschen Brücken hunderte Kilometer entfernt von irgendeiner Zivilisation war gefühlt jede Entscheidung eine Entscheidung über Überleben oder Sterben. Das ist auch mental durchaus herausfordern. Selbst ein gebrochener Fuß hätte hier schlussendlich den Tod bedeuten können. Hier hilft Mut, gesundes Selbstvertrauen und die Gabe sein Können richtig einzuschätzen.

Hat man dann doch mal Scheisse gebaut kommt Regel Nr. 7

7. Lerne Erste Hilfe an dir selbst

Kommt es dann doch zu einem Sturz mit Verletzung hilft es natürlich, wenn man weiß, was zu tun ist. Man sollte wissen wie man sich selbst große Blutungen stillt und Druckverbände anlegt (einarmig an den blödesten Stellen), leichte Brüche schient, sich warm hält und seine Schmerzen im Griff hält. Das Erste Hilfe Set sollte immer möglichst griffbereit bzw. leicht erreichbar sein und man sollte wissen was man da im Packl hat und wie man damit umgeht. Auch ein paar Survival Skills helfen. Ein Notfallpaket mit Bivaksack, Notfalljause, Leatherman, Feuerzeug und Rettungsdecke ist bei mir immer dabei. Für die Bergung des Motorrades aus einem Loch oder Graben habe ich immer ein selbst gebasteltes Flaschenzugsystem mit.

Manche Dinge klingen jetzt hier sehr drastisch und betreffen auch nur Situationen, wo man aussichtslos auf sich selbst gestellt ist ohne Aussicht auf Hilfe. Wenn man eindeutig Hilfe benötigt und es besteht die Möglichkeit den Notruf abzusetzen, dann wartet nicht zu lange. Wartet nicht bis es schon dunkel ist, bis Euer Akku lehr ist oder ihr komplett ausgelaugt und erschöpft seid. Ein Rettungseinsatz in der Nacht mag niemand und ist schwierig. Wenn man schwer verletzt ist muss man nicht den Helden spielen. Ruft den Notruf früh genug – und somit wären wir beim letzten Punkt – dem……

8. Worst Case Szenario

Für den allerletzten Notfall gibt es ja heutzutage einige Satelliten Kommunikations- und Rettungssysteme. Es ist für mich immer noch ein zwiespältiges Thema, mit dem ich mich in nächster Zeit wieder mal näher beschäftigen werde. Bisher habe ich nur einmal auf meiner ersten Solo- Motorradreise eines der Systeme verwendet und hatte nur negative Erfahrung damit. Somit habe ich auf allen weiteren Reisen darauf verzichtet. Mittlerweile sind aber 15 Jahre vergangen und es hat sich vieles geändert. Man fragt sich berechtigterweise, warum man auf so eine Hilfe verzichten würde. Was gäbe es denn für einen Nachteil, wenn man ein Notfall-Kommunikationssysrem dabei hat, das überall Rettung verspricht. Ganz einfach. Nicht nur einmal habe ich auf meinen Reisen gedacht: „Ach hätte ich doch ein Rettungssystem dabei, würde ich das Risiko eingehen und die gefährlichere Route wagen…“ Somit ist für mich glasklar. Ich würde damit mehr Risiko nehmen und mich Gefahren aussetzen, die ich sonst aufgrund meines Risikomanagements nicht eingehen würde. Dieses erhöhte Risiko zu vermeiden hat mich bisher aber immer gesund nach Hause gebracht. Und das muss ich mir unbedingt beibehalten.
Die schlechte Erfahrung bei meiner Reise durch Russland war bezüglich der Kommunikation mit den daheim gebliebenen. Das Tracking über den Satelliten fiel immer wieder aus und man konnte meinen Standort nicht verfolgen. Oft blieb der zuletzt geortete Punkt über Tage hinweg unverändert. Täglich eine OK Nachricht zu schicken hat aus verschiedenen Gründen auch nicht funktioniert. So hat das System für viele Sorgen zu Hause gesorgt. Das war sehr kontraproduktiv. Und ich war damals in Gegenden unterwegs wo Hilfe zum Teil Tausend Kilometer entfernt war. Wer soll mir da helfen? Es erschien mir einfach sinnlos.

Mittlerweile sind aber die Systeme gut ausgereift und funktionieren. Es gibt immer noch Gegenden mit großen Funklöchern bei den Netzanbietern, aber Hilfe wäre meist nicht weit weg. Da helfen Systeme wie SPOT oder Garmin Inreach. Sie senden Standort und Notruf über Satelliten und haben unabhängig vom Telefonnetz empfang. Das erleichtert Rettung ungemein und das würde ich auch jedem empfehlen und ans Herz legen.

2 Responses

  1. Gran post, tomaré tus consejos, en 2 semanas haré mi primer viaje en solitario, la transpirenaica a lo largo de 7 días, siempre he salido acompañado o solo cerca de casa… lo más importante no tomar situaciones innecesarias y estupidas!

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