Nach nur 6 Stunden Schlaf saß ich schon wieder auf dem Motorrad. Eigentlich wollte ich mir Kazan noch ein bisschen anschauen. Es soll eine wunderschöne Stadt sein und der dortige Kremel einer der schönsten des Landes. Leider war es noch zu früh für eine Besichtigung und die Eintrittstore waren geschlossen. Innerhalb des Kremels findet man Kirchen verschiedener Glaubensrichtungen aus unterschiedlichen Kulturen und Zeitepochen. Selbst von aussen sah alles absolut atemberaubend aus. Ich werde mir das auf jeden Fall irgendwann einmal genauer anschauen.
Es war Montag früh und die Straßen waren verstopft vom Berufsverkehr. Ich fühlte mich nicht wohl und suchte den schnellsten Weg aus der Stadt.
Kaum aus der Stadt draußen war der Verkehr viel besser und ich kam eigentlich gut voran. Aber ich hatte mit extremem Wind zu kämpfehn. Es war Zeitweise wirklich schwer sich auf dem Motorrad zu halten. Als ich nach Österreich zurückkahm erfuhr ich, dass zu diesem Zeitpunkt ein Orkan in dieser Gegend wütete und nur 20km von meiner Strecke ein ganzes Dorf zerstört wurde.
Ich hielt Mittagspause auf einem kleinen Friedhof. Auf einem Friedhof? Mittagspause? Ja, denn es ist dort ruhig und friedlich und bei jedem Grab steht ein Sessel und ein Tisch. Man bringt zu Trinken und eine Jause mit und unterhält sich mit den Toten. So ist das hier der Brauch.
Ich überqueste zum zweiten Mal die Wolga. Ws ist das für ein Fluss! Man hat das Gefühl aufs Meer zu blicken. Die engste Stelle, wo die Straße den Fluss quert, ist 5 km breit. An anderen Stellen hat der Fluss an die 20 km breite. Es ist einfach unvorstellbar wenn man das nicht selbst gesehen hat. Mir blieb ganz einfach mal der Mund offen stehen.
Brücke über die Wolga |
Ich erreichte die M5 Hauptstrasse nach Chelabinsk, meinem erklärten Tagesziel. Eine nicht enden wollende Lastwagenkarawane schob sich über die Straße. Die Straße wurde richtig schlecht mit vielen Spurrinnen und Schlaglöchern. Ich brauchte schon im trockenen viel Konzentration. Das Überholen war nervenaufreibend und gefährlich. Und dann begann es auch noch zu regnen. In der Gischt der Lastwagen konnte man kaum noch etwas von der Straße erkennen.
Zeitzonen
Etwas woran man bei einer solchen Reise auch denken muss, sind die verschiedenen Zeitzonen. Ich fuhr ja Ostwärts, und das ca. 1000km pro Tag. Das bedeutete, dass ich jeden Tag in eine neue Zeitzone kam und somit jeden Tag eine Stunde Tageslicht verlor. Zwischen Kazan und Chelabinsk sind es sogar 2 Stunden Zeitunterschied. Ich blicke also um 2 Uhr Nachmittags auch die Uhr. Ok, noch 400km zu fahren, das geht sich super aus. 5 Minuten später blickst du wieder auf die Uhr, es ist aber auf einmal schon 4 Uhr nachmittags weil du gerade die Zeitzone gewechselt hast. Und es sind immer noch 400 km. Das bringt dich manchmal leicht zum verzweifeln.
Das Urlalgebirge
Zwischen Kazan und Chelabinsk liegt auch das Uralgebirge. Ich hatte mich schon sehr darauf gefreut. Aber es war furchtbar. Es goß schon wieder wie aus Kübeln, die Lastwagen quälten sich über das Gebirge und der Regen, vermischt mit dem auslaufenden Öl der Lastwagen machte den Asphalt glatt wie zwei Körper bei einer Body to Body Massage.
Ich war müde, mir war kalt und es wurde langsam dunkel. Da sah ich vor mir einen anderen Motorradfahrer auf einer Suzuki Freewind. Ich holte ihn ein und wir blieben gemeinsam am Straßenrand stehen. Es war Juri aus Moskau auf dem Weg zum Baikalsee. Er sagte mir, dass er eine Hotelreservierung in Chelabinsk hatte und wir beschlossen die restlichen 200km gemeinsam zu fahren. Wir erreichten das Hotel um Mitternacht immer noch im strömenden Regen. Ohne Juri hätte ich das heute wahrscheinlich nicht geschafft.
Das Hotel hatte allerdings ein bisschen was von „Shining“ wenn ihr wisst was ich meine.
4. Tag: 4000 km
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